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awogfli

Awogfli - Bookcroc

Ich bin Buchgourmet und Buchgourmand quer durch viele Genres

Vom Winde verweht trifft das Schweigen der Lämmer

Die Chirurgin (Jane Rizzoli & Maura Isles, #1) - Tess Gerritsen

Meine Entdeckungsreise zu neuen Krimi-Autoren, die ich noch nicht kenne, hat folgende "chirurgische" Ergebnisse zu Tage gefördert:

Ein grossartiger Plot, ausgezeichnet aufgebaut, durchdacht und gut recherchiert, rasant und bis zum Schluss spannend, viele Verdächtige und eine nicht an den Haaren herbeigezogene schlüssige Auflösung des Falls. Außerdem detailgetreue, liebevoll entwickelte Figuren, die sich gut in die Dramaturgie einfügen und sich fast immer konsistent gemäß ihres gezeichneten Charakters verhalten.

Ich fragt Euch nun sicher: Wo bleibt meine Begeisterung und warum stehen dort oben nur 3 Sterne? Das ist schnell erklärt. Der erste Ärgerfaktor ist die in den sehr brutalen Krimifall fürs weibliche Zielpublikum mit Gewalt reingequetschte Romantikgeschichte. Wenn ein gebärmutterherausschneidender Psychopath hinter mir her ist, habe ich wirklich besseres zu tun, als mit dem Kommissar herumzuschnacksln, mit meinem Arztkollegen zu flirten und mir romantische Gedanken über die beiden zu machen, welchen ich jetzt erwählen soll. Auch verhalte ich mich als toughe Chirurgin, die zwar nach einer Vergewaltigung durch Verdrängung und Abgrenzung wieder alles im Griff hat, der aber der alte Fall erneut wie ein Bumerang ins Gesicht schlägt, nicht so ambivalent romantisch und lüstern, da habe ich andere Probleme. Soweit so gut - dieses Konzept wird möglicherweise vielen von Euch sogar sehr gefallen. Ich bin eben keine Leserin, die der Meinung ist, dass Psychothriller und Romantik in einem Roman zu mischen, eine gute Idee darstellt.

Das weitaus größere Sakrileg ist aber die zur Romantik dazupassende blumig ausgedrückte Bildsprache. Ich bin sehr für Methaphern und plakative Bilder, aber man kann das schwülstige Tussengelaber auch übertreiben. Beispiel gefällig?:

"So wie Catherine einen Teil ihrer selbst in Ninas Augen erblickt hatte, so erkannte auch Nina sich in Catherines Augen. Die stumme Schwesternschaft der Opfer."

"Er streckte die Hand nach ihr aus. Sie betrachtete sie durch einen Schleier von Tränen. Und wie eine Ertrinkende, die die schwazen Meeresfluten der Rettung vorzieht, griff sie nicht danach."


WÄHHHH! Kitschiger geht es gar nicht mehr und auf der nächsten Seite plant der irre Mörder gleich wieder gaanz rational wie er seine Opfer optimal quält! TS TS TS sehr realistisch. Wo hat die Autorin zu fabulieren gelernt? In der Nachhilfe-Schreibschule für Bianca-Liebesromanautorinnen?

Fazit: Guter Krimi, sehr schlechte Sprache und das mit der Romantik im Plot ist so gar nicht passend. Definitiv mein letzter Gerritsen-Krimi, denn dieses gewählte Konzept wird sich auch in Band 2 nicht gravierend ändern.